Hallo.
Rein evolutionär, das wurde auch schon erwähnt, macht Langlebigkeit über eine bestimmte Grenze für eine Ratte gar keinen "Sinn". Die durchschnittliche wilde Wanderratte dürfte meiner Ansicht nach nicht wesentlich älter als ein Jahr werden. Ich würde mich sogar zur Aussage versteigen, daß das Durchschnittsalter von wildlebenden Wanderratten eher unter einem Jahr liegen dürfte, allerdings ohne dafür jetzt eine wissenschaftliche Quelle zur Hand zu haben. Gründe für kurze Lebensdauer von Kleinsäugern sind: Freßfreinde, Futtermangel, Wetter (Jahreszeiten). Die evolutionäre Kompensation von Ratten (und anderen Kleinsäugern) für die durch ihre Lebensumstände bedingte kurze Lebenserwartung ist, daß sie extrem schnell neue Ratten machen können. Dadurch wird der Bestand langfristig gesichert.
Man kann generell sagen, daß je langlebiger eine Tierart ist, sie tendentiell desto weniger Junge wirft. Es ist nämlich schlicht nicht notwendig (und Fortpflanzung kostet viel Energie). Beispiel im Nagerbereich: Degus. Degus werden in Gefangenschaft wirklich 5-8 Jahre alt (die letzte Grande Dame meines letzten Grüppchens ist vor einigen Jahren im Rudel bei einer alten Freundin im biblischen Alter von 7 Jahren gestorben), leben allerdings auch in einem anderen Erdteil und (bisher) unter geringerem evolutionären Druck. Diese Tiere werden in freier Wildbahn 2-3 Jahre alt, kriegen nur 4-6 Junge pro Wurf und tragen 3 Monate(!), nicht 3 Wochen. Noch extremere Beispiele sind der Mensch oder auch Großsäuger wie Elefanten: sehr langlebig, verhältnismäßig sehr langsame Vermehrung.
Wenn also ein Tier in freier Wildbahn selten älter wird als 1 Jahr, wieso sollte die Evolution mehr als 2-3 Jahre als "Spielraum" vorsehen? Die Wahrscheinlichkeit, daß die Ratte vor Ablauf von 2 Jahren verhungert, erfriert oder gefressen wird, ist nun einmal beinahe 100%. Man weiß z.B. auch von Menschen, daß sogar noch im Mittelalter ein Mensch von 50 Jahren als sehr alt angesehen wurde, da die mittlere Lebenserwartung eben eher bei 40 lag als bei 70 wie heute. Wir nähern uns dank Gerätemedizin und Forschung immer weiter dem theoretischen Maximum an, aber auch hier ist der Faktor, der durch ausgezeichnete Lebensbedingungen, Medizin und gute Ernährung herausgeholt werden kann, deutlich begrenzt.
Gibt es also Ratten über 3 Jahre? Ja sicher. Direkt aus meinem ersten Rudel wurde ein Tier 33 Monate alt, und keines weniger als 2 Jahre. Über 4? Mag ich auch noch glauben, als extrem seltene Ausnahmen. Die sind ungefähr so zu sehen wie Menschen, die 100 werden: kommt vor, aber nicht signifikant häufig. Ratten mit 5, 6 Jahren? Ausgeschlossen, sorry. Oder da verwechselt jemand tatsächlich Ratten mit Strauchratten, also: Degus.