Glückliche Ratten auch ohne Knuddeln/Menschenkontakt?

  • Hallo Leute ^^

    Ich lese zurzeit ein Buch und bin heute auf einen Gedanken gekommen der mich nicht mehr loslässt und ich würde gerne eure Meinung dazu hören, Es hat nichts mit mir zu tun (!), es ist nur eine allgemeine Überlegung.

    Sagen wir mal ich nehme Ratten auf und möchte ihnen ein schönes, artgerechtes Leben bieten. Sie bekommen täglich Wasser, (Frisch-)futter, einen großen Käfig mit Auslauf, tierärztliche Versorgung und was eben noch dazu gehört, lege aber keinen Wert darauf, dass diese zahm werden und versuche es auch nicht. Sie sitzen den ganzen Tag in ihrem Zimmer/Käfig und werden eben nicht geknuddelt und "lieb gehabt" und haben nur sich (Bis auf die Versorgung).

    Denkt ihr, dass auch solche Haustiere glücklich werden können/ glücklich sind? Es liegt ja nicht in der Natur der Tiere dass sie geknuddelt werden (Zumindest nicht vom Menschen). Aber glaubt ihr ihnen "fehlt" dann etwas?

    Natürlich könnte man fragen "Warum dann überhaupt Haustiere", aber rein von der Haltung - findet ihr es artgerecht?

    Würde mich über ein paar Meinungen freuen ^^

    (Ein anderer Thementitel ist mir leider nicht eingefallen, falls er nicht aussagekräftig genug ist, bitte ändern)


    Liebe Grüße

    Steffi

  • Hey,

    ich glaube, Ratten können auch ohne "Geknuddel" glücklich sein, sofern der Rest stimmt und vor allem das Rudel harmonisch ist.

    Wirkliche "Knuddelratten" hatte ich hier auch nicht, die wirklich unglücklich ohne Menschenkontakt wirkten (und Emely zählt nicht, ihre extreme Anhänglichkeit war eine durch Einzelhaltung provozierte Verhaltensstörung). Die meisten haben den Menschen als Abwechslung angenommen - und als willkommenen Futterspender.

    Da wir Rudel halten, ist es uns auch immer wieder möglich, auch scheuere Ratten einfach "mitlaufen" zu lassen. Die Tiere wirken auch mich nicht unglücklicher, insbesondere nicht in Interaktion mit ihren Artgenossen. Sie brauchen halt den Menschen nicht so, wie ihre zahmen Artgenossen. Aber jeder ist eben anders.

    Man muss allerdings auch einen Unterschied machen.

    Zahme Ratten fürchten sich nicht vorm Menschen. Tiere ohne Kontakt haben diese Angst vielleicht noch in sich, der Mensch, auch wenn er nur kurz am Gehege hantiert, stresst sie dann.

    Ich bezweifle, dass die Tiere, die tagtäglich durch die Anwesenheit des Menschen gestresst sind, förmlich Panik bekommen, genauso glücklich sind, wie zahme, die sich quasi auf die Ansprache des Menschen "freuen".

  • Hallo,

    ich sehe das ebenso: das wichtigste für die Ratten ist ihr Rudel.

    Der Mensch kann kein Rudel ersetzen, und die Ratte ist unglücklich, wenn das Rudel fehlt, nicht aber wenn der Mensch fehlt.

    (Wobei die Definition von "Glück" natürlich immer recht subjektiv sein kann.)

    Ratten sind Individuen und es gibt immer die ganze Palette an Menschenbezug: von "Mensch, nein, bloß nicht!" bis hin zu "Mensch?! Wo ist ein Mensch? Da muss ich hin!" *Kamikaze-Sprung mach*.

    Das sehe ich hier tagtäglich und es hat die unterschiedlichsten Gründe (Charakter, Herkunft/Vorerfahrungen, Instinkte (bei meinen Wilden)).

    Aber auch superanhängliche Menschenratten erlebe ich hier als fest ins Rudel integriert und sie entscheiden frei, wann sie grad ihre Knuddelwünsche ausleben möchten und wann gerade nicht - keine kommt zu 100% angerannt, wenn ein Mensch verfügbar ist.

    Bei scheueren Ratten ist es immer eine Gratwanderung. Da hatte ich durchaus welche, die Neugier und Interesse zeigten und von selbst auf die Menschen zukamen, aber denen es schnell zu viel wurde, so dass dann doch die Angst überwog und sie sich verzogen.

    Zudem sehe ich Knuddeln schon nochmal als Steigerung zu Menschenkontakt/Mensch als interessante Abwechselung: Selbst sehr zahme Ratten, die mich gerne beklettern und den Kontakt suchen, mochten zu maximal 50% (eher noch weniger) wirklich geknuddelt werden oder wenn dann erst im höheren Alter. Still dasitzen war teilweise schlicht zu langweilig, teils dann doch zu viel (obwohl hochheben, auch mal länger anfassen etc. völlig problemlos gingen).

    Letztlich ist Menschenkontakt Gewohnheit und alle Ratten können, meiner Meinung nach, auch ohne das leben. Man sieht schließlich auch öfter, wie die Tiere bei fehlendem Menschenkontakt schnell wieder scheuer werden, sich Menschenkontakt und Zahmheit also "abgewöhnen".

  • Huhu! :winki:

    Ich finde auch, dass man einen Unterschied zwischen "Zahm" und knuddeln machen muss. Unsere Damen sind zahm, lassen sich aber ungern knuddeln. Wir dürfen mal kraulen, aber so richtiges Knuddeln entfällt wegen "Nein, ich will nicht, lass mich los"-Piepen.

    Wir hatten aj auch unsere Alice, die sehr scheu war. Es ging ihr aber trotzdem gut, sie war Bestandteil eines festen Rudels (welches sich noch dazu nicht verändert hat, solange sie lebte). Den einzige Nachteil bei ihr sehe ich darin, dass uns ihre Erkrankung sehr spät aufgefallen ist - eben weil sie so scheu war.

    Ich denke, man kann einen gesunden Mittelweg finden: Die Ratten müssen Menschen kennen und ihnen vertrauen (wenigstens ein Großteil des Rudels), sich notfalls anfassen und hochnehmen lassen, ohne in Panik zu verfallen.

    Andererseits dürfen sie soweit "wild" bleiben, dass sie auch mal gehen, wenn´s ihnen nicht mehr passt, und man sie eben nicht knuddeln kann. Wenn ich ein Tier haben möchte, mit dem ich knuddeln kann, sollte ich mir eine anhängliche Katze anschaffen. ;)

    Ich finde, dass man nicht alle Ratten knuddeln können muss. Ab und an streicheln reicht völlig, und ansonsten sind sie ja durchaus so zahm, dass sie uns beklettern, keine Angst vor uns haben und auch mal frech werden und uns zwicken. ^^

    Grüßlein!

  • Hallo,

    ich möchte auf einen Aspekt noch hinweisen: ein gewisses Maß an "Zutrauen" zum Menschen kann sehr hilfreich bei medizinischen Behandlungen sein; das betrifft sowohl den Stress bei TA-Besuchen als auch die Medikamentengabe. Deshalb lege ich tatsächlich durchaus Wert darauf, dass ich meine Tiere zumindest ohne große Gegenwehr und Panik ihrerseits in die Hand nehmen kann, soweit es möglich ist. Das kann man mit den meisten Tieren recht gut üben (aber bei Wilden und Halbwilden ist es leider oft schlicht aussichtslos). An dieser Stelle bin ich der Meinung, dass ich mich als Halter zwar nicht ständig aufdrängen muss, aber ich dem Tier tatsächlich einen Gefallen tue, wenn ich ihm seine Angst vor mir nehme.

    Davon abgesehen: ich habe hier gerade eindrucksvoll vorgeführt bekommen, wie stark eine eigentlich zahme Rattendame sich zurückzog, als sie einsam war, auch wenn das nur ein paar Tage waren. Die Tiere sind hochsozial, und Menschen sind eben wirklich keine Sozialpartner für sie. Wir sind bestenfalls Spielzeug, Klettergerüst, Futterquelle (und schlechtestenfalls nur gruselig).

  • Huhu!

    Ich finde das ein sehr interessantes Thema ^^

    Ich bin mir auch recht sicher, dass die Ratten ohne Menschenkontakt zufrieden leben können. Wozu sollten sie uns auch brauchen (mal vom Futterspende- und Klettergerüstfaktor abgesehen). Aber vermutlich wäre es den Ratten auch egal ob ich ihnen das Futter hinstelle oder ob es ein Roboter tut.

    Aber an kalessins Einwand musste ich auch sofort denken als ich das Thema gelesen habe.

    Ich habe zur Zeit zwei ziemlich scheue Ratten, die sich auch mal erschrecken wenn man plötzliche Bewegungen macht. Aber bei beiden funktioniert es sie in die Hand zu nehmen, sie beißen nicht und so ist es möglich einmal die Woche beim Käfigputz einen Gesundheitscheck zu machen (auch wenn sie dabei sehr zappelig sind und meine Hände danach sehr viele Striemen haben :pfeif: ).

    Das ist mir wichtig, aber ansonsten belästige ich sie nicht weiter mit in die Hand nehmen. Bisher haben sie auch schon ganz gut von den anderen gelernt, so dass es sogar mal passiert, dass ich von einer von ihnen beschnuffert werde ;)

    Aus meiner egoistischen Menschperspektive sind die Ratten für mich auch eher Beobachtungstiere als "Kuscheltiere". Weil Redbull ja fragte, warum dann überhaupt Haustiere.

    Es macht mir Freude sie in ihrem Rudel und bei ihren Aktivitäten zu beobachten und ich freue mich natürlich auch wenn sie mich bespaßen und sich auch beflauschen lassen, aber ich bin auch nicht traurig wenn sie es nicht tun.

    Ganz im Gegenteil ist es vom Zeitaspekt her für mich auch wichtig, dass ich kein schlechtes Gewissen haben muss wenn die Ratten sich mit sich selbst beschäftigen "müssen".

    Lg,

    Jana

    Edit: Was ist denn das für ein Buch was du liest, Redbull?

  • Hallo :)

    Schön, dass ihr das Thema gut findet. Lese gerade das Buch "Artgerecht ist nur die Freiheit - Eine Ethik für Tiere oder Warum wir umdenken müssen" finde Tierrechtsbücher sehr interessant und sie regen mich einfach zum nachdenken an. Kann das Buch übrigens nur empfehlen, die Diskussion über die Gleichheit von Mensch und Tier und dem Speziesmusdenken von Menschen finde ich gut geschrieben.

    Ich bin auch der Meinung, dass Ratten ohne Menschen auskommen können. Allerdings kommt es ja auch immer auf den Charakter des Tieres an, 4 von meinen 5 könnten ohne Knuddeln/Menschenkontakt problemlos auskommen. Chap allerdings ist sehr auf mich fixiert und schläft jede Nacht bei mir im Bett. Sobald ich das Zimmer verlasse sitzt sie am Ende des Bettes und guckt mir zu wann ich wieder komme, sie putzt mich, sie markiert mich und ist immer ganz aufgewühlt, wenn ich mich um eine andere Ratte als ihn kümmere. Ich weiß nicht wann er so anhänglich geworden ist, aber er ist es nunmal.

    Ich denke, dass viele Haustiere (ausgenommen Hunde?) ohne diesen Kontakt auskommen könnten, wenn sie es nicht anders gewöhnt sind und das "zähmen" eher vom Menschen ausgeht.

    Liebe Grüße

    Steffi

  • Hi,

    ich glaube, dass Hunde, die in einem Sozialverband mit genügend anderen Hunden leben, sehr gut auf den Menschen verzichten können (siehe Günter Bloch: Pizzahunde).

    Ein wesentlicher Einwand ist mMn die medizinische Versorgung von scheuen Ratten. Ich hatte erst zwei Grüppchen, die richtige Angst vorm Menschen hatten. Bei einer hatte ich mich im Alter von 1,5 Jahren dagegen entschieden ihr einen (sehr langsam wachsenden) Gesäugetumor entfernen zu lassen, da es nach meinem Dafürhalten für sie mehr Leid im Sinne von enormem Stress bedeutet hätte, als sie ein paar Monate mit dem Ding in Ruhe leben zu lassen (und schließlich bei einem sehr fähigen TA einschläfern zu lassen).

  • Hi

    Der Mensch ist halt schon ein unersetzliches Enrichment für ein Haustier, das in einer doch eher reizreduzierten, begrenzten Haustierwelt lebt. Sicher sind sie durch Domestikationsprozesse schon recht abgestumpft, jedoch kann ich mir eine Umwelt ohne Mensch nicht so belebend und vor allem anregend vorstellen, wie mit ihm. Er bringt zumindest ein bisschen unerwartetes mit rein und trägt Gerüche und Eindrücke von draußen mit in die Wohnung, die ja doch eher eine begrenzte Erlebenswelt bietet. Und da sind gebastelte und gekaufte Spielsachen nunmal kein Vergleich zu etwas natürlichem, lebendigem.

    Ich beobachte, dass Ratten ein intensives Interesse an anderen Lebewesen haben. Die werden ausgiebig untersucht, beobachtet und ich sehe zumindest bei einigen ein deutiges Interesse daran, das neue Lebewesen Mensch zu verstehen.

    Als klein Hazel, die Wildratte, bei mir eingezogen ist und noch eine richtige Wildratte war (keine Handaufzucht oder Amme), da war trotzdem schon nach kurzer Zeit eine zielgerichtete Reaktion auf meine Kommandos zu beobachten. Trotz absoluter Scheu war sie doch daran interessiert, in eine Art Kommunikation mit mir zu treten. Ich glaube daher, dass auch die scheuesten Ratten ein Bedürfnis haben, das andere Lebewesen zu verstehen und kennen zu lernen und grundsätzlich offen ist für alle Eindrücke und Angebote, die man ihnen macht. Es ist nur eine Aufgabe, sich dem Tier verständlich zu machen, aber prinzipiell glaube ich, sie wollen nicht scheu sein und wollen Kontakt zu uns haben in Form von Austausch und Kommunikation.

    Das gibt es nicht, wenn man nur unregelmäßig als Eindringling auftaucht und keinen verlässlichen Ansatzpunkt bietet. Dann ist man konstanter Stressfaktor und ich glaube nicht, dass diese Ratten das Glück erfahren, das sie haben könnten. Sicher würden sie schon zurecht kommen, aber sie hätten eine andauernde Unruhe und Reizarmut. Ich nahm auch die langzeit-Freilaufratten aus Messiwohnungen als eher unausgelastet und dauergestresst wahr, obwohl sie doch viele Artgenosse und Freiheit hatten.

    Wobei ich aber nicht mehr die richtige Ansprechpartnerin für so ein Thema bin, vermutlich. Ich habs schon versucht, aber ich hab schon lang keine scheuen Ratten mehr gehabt, bis jetzt waren alle noch für meine dezenten Zähmungs"versuche" ansprechbar. Die Kommunikation läuft da zurzeit einfach zu gut :D

    LG

    Judith

  • Hallo Judith ^^

    Die Reizarmut hab ich ihn diesem Fall gar nicht bedacht, da ist wirklich etwas dran :)

    Haustiere haben ja doch nicht die Möglichkeiten ständig neues kennenzulernen wie ihre wilden Kollegen.

    Aber ich denke die Ratten aus Messiwohnungen kann man damit doch garnicht vergleichen oder? Wenn ich mit 50 anstatt 5 Leuten in eine Wohnung gepfercht wäre, würde ich mich auch nicht mehr wohlfühlen :D

    Freut mich, dass es keine Kommunikationsschwierigkeiten zwischen euch allen gibt :)


    Rosiel

    Geht es in "Pizzahunde" um alleinlebende Hunde? und ist es zu empfehlen? ^^

    Kann mir das bei Hunden irgendwie schlecht vorstellen, dass sie alleine Leben könnten. Sie kommen mir immer so..ich weiß auch nicht, hilflos vor bzw. sehr auf den Menschen angewiesen. Kann mich aber auch Irren, hatte noch nie einen Hund :D


    Liebe Grüße

  • Huhu!

    Das "Artgerecht ist nur die Freiheit"-Buch werde ich auch mal lesen, gut dass du mich dran erinnerst ^^

    Das Reizarmutargument kann ich auch nachvollziehen, aber ich denke von uns hält ja keiner seiner Ratten irgendwo fernab im Keller wo nie ein Mensch vorbeikommt. Ein Grundmaß an Interaktion lässt sich ja auch gar nicht vermeiden, wenn man eben keine Futter- oder Putzroboter hat ;)

    Lg,

    Jana

  • Hey,

    allein die Anwesenheit eines Menschen sorgt noch lang nicht dafür, dass die Tiere "genug" neue Reize am Tag erleben.

    Da muss der Mensch dann schon auch noch was tun, ihnen Futterbeschäftigung bieten, neue Gegenstände und damit Gerüche ins Revier stellen.

    Bei Zootieren sieht man das recht gut, da ist zwar tagtäglich der Pfleger da, da sind die Besucher da, trotzdem langweilen die sich ohne Enrichment so enorm, dass sie beginnen zu stereotypieren.

    Bei Ratten habe ich das Gefühl, dass sie eher resignieren und fauler werden, wenn zu wenig Reize gibt *grübel*

  • Zitat

    Geht es in "Pizzahunde" um alleinlebende Hunde? und ist es zu empfehlen? ^^

    Kann mir das bei Hunden irgendwie schlecht vorstellen, dass sie alleine Leben könnten. Sie kommen mir immer so..ich weiß auch nicht, hilflos vor bzw. sehr auf den Menschen angewiesen. Kann mich aber auch Irren, hatte noch nie einen Hund :D

    Für Pizzahunde hat Günter Bloch über einen längeren Zeitraum eine verwilderte Hundegruppe beobachtet. Er vergleicht ihr Verhalten und ihre Kommunikation mit der von Wolfsrudeln (Bloch hat auch einige sehr gute Bücher über seine Freilandstudien an Wölfen veröffentlicht). Allein an Straßenhunden sieht man recht gut, dass Hunde recht gut ohne den Menschen überleben können. Selbständigkeit ist beim Familien-, aber auch beim Gebrauchs- und Arbeitshund eher nicht gewollt und so werden diese Hunde im Zusammenleben mit dem Menschen schnell zu Problemhunden.

    Allerdings würde ich bei Straßenhunden auch einschränkend dazu sagen, dass nicht alle Hunde gleich gut klar kommen und es trotzdem viel Elend gibt.

  • :winki:

    Interessantes Thema, interessante Diskussion. :)

    Wenn ich die Ratties unter sich ließe, würde ich dann Krankheiten, Verletzungen, Abszesse bemerken oder bemerken können? :( Oder nur in einem (sehr/sehrsehr) späten Stadium? :(
    Im Falle, dass sie zahm sind, kommen sie zu mir, klettern auf mir rum, ich hebe sie hoch - und zum Beispiel im Auslauf wird jeder streichelnd einmal am Rücken "abgetastet", einmal der Bauch bzw. die Unterseite (weil wir zwei Abszesse hatten) und einmal Füßchen (Bumble?), Schwanz, die ganze Rattie. Leise Atemgeräusche hört man nur, wenn man nah dran ist.

    Sagen wir mal, ich müsste den Rattenraum reinigen, in dem sie frei laufen, es gäbe einen Rohrbruch, etwas wäre umgefallen, jemand hätte sich eingeklemmt, jemand wäre gestorben. Oder ich müsste jemanden zum Tierarzt bringen und dazu in eine Transportbox stecken.
    Wenn nun alle nicht zahm sind, vielleicht ein paar (Angst)Beißer dabei, wie betrete ich den Raum dann ohne Flucht, Jagt, Stress, eventuellen Bisswunden für mich? Wie evakuiere ich so einen Raum, wenn es sein muss?
    Was ist, wenn jemand aus dem Raum gekommen wäre? Wie fange ich denjenigen wieder ein? :confu:

    Dasselbe gilt angepasst für einen Käfig oder eine Voliere genauso.

    Wie zeige ich die Ratte (oder mehrere) beim Tierarzt? Wie hält sie jemand fest, wenn ein Medikament appliziert werden muss?
    Wie verabreiche ich selbst Medikamente? Wie reinige ich eine Wunde, spüle einen Abszess, kontrolliere eine OP-Naht? :frazei: Das ist ja schon mit zahmen Tieren nicht immer ganz einfach.

    Wenn ich neue, saubere Ausstattung oder Futter, Wasser, Leckerlie bringe, dann löst das jedes Mal wieder Panik aus.

    Artgerecht ist schwierig. Ist ein Raum artgerechter als ein (großer) Käfig? Wäre jeder Raum immer artgerechter als ein (großer) Käfig? Ist ein Raum nicht auch nur ein Käfig?
    Kann jeder Mensch, der die Verantwortung übernehmen möchte, die finanziellen Mittel für die medizinische Versorgung, die Anschaffungen und die Unterhaltung für ein Leben mit Ratties/anderen Haustieren hat, den Ratties/anderen Haustieren immer einen Raum zur Verfügung stellen? Was ist mit horrenden Mietpreisen in (Groß)Städten? Wie ist das generell in Mietwohnungen?
    Ist es jedem Menschen möglich, den Raum wirklich tiersicher zu gestalten? Kann überhaupt jeder Raum tiersicher gestaltet werden?

    Seit 2009 bin ich vegan, trotzdem leben Ratten bei uns (beide vegan).
    Einige vegan lebende Menschen lehnen Haustiere bekanntlich generell ab, ich gehöre nicht dazu.

    Solange es Haustiere gibt und diese in Tierheimen, Pflegestellen oder bei anderen Tierschützern sitzen, solange sie frei herumirren und so zu leben nicht fähig sind, ist es gut, richtig und wichtig, dass sich Menschen um sie kümmern - diese Tiere, diese Lebewesen sind domestiziert, so dass sie in einer gewissen "Symbiose" mit Menschen leben müssen (der einfachste Fall war dabei vielleicht: "Du bist niedlich, ich füttere und versorge Dich - und Du kommst mit in mein Hütte/Haus/Höhle/Wohnhabitat", was jetzt noch friedlicher klingt, als es eigentlich ist; man schaue sich nur an, wie heute Wildtiere gefangen und zu Haustieren umgemodelt werden :( ). Wir haben sie abhängig von uns gemacht.

    Dadurch müssen Haustierhalter sich entsprechend um ihre Tiere kümmern können - und dafür ist "Zahmheit" eine unendlich riesengroße Erleichterung, für beide Seiten, denke ich.

    Dabei gibt es sehr unterschiedliche Umgangsformen, zum Beispiel die Leute, die meinen, dass sie z.B. ihre Ratties knuddeln müssen, ob diese wollen oder nicht. Für mich ist es da wichtig, unsere Jungs nicht zu etwas zu zwingen, wenn es nicht einen sehr guten Grund (z.B. medizinische Versorgung) gibt.

    :winki:

  • Hallo,

    also zumindest zu scheuen Ratten und Gesundheitskontrolle, sowie TA-Besuchen habe ich einige Erfahrungen.

    Bisher habe ich bei meinen Hawis und meinem Wilden jede Krankheit rechtzeitig bemerkt und - notfalls mit Handschuhen - es war ein TA-Besuch und eine Behandlung/OP möglich.

    Gut, ich kenne meine Ratten auch alle genau und selbst Scheue haben ihre Verhaltensmuster, die meisten kommen abends zumindest zum Futternapf (Ausnahme: Henri Wildratz - den könnte ich wochenlang nicht sehen oder bestenfalls ein paar Sekunden alle paar Tage, wenn ich nicht gezielt nach ihm schauen würde).

    Es hat mit der Zeit schon meinen Blick geschärft, mit den Hawis zusammenzuleben: Beinahe alle ihre Tumore habe ich entdeckt, indem sie z. B. Männchen machten und dabei wo ein Knubbel zu sehen war, oder auch nur weil plötzlich ein Schatten im Fell war, der da vorher nicht war, ein Fellwirbel anders lag als zuvor, weil ein Tumor darunter sitzt. Es sind solche Kleinigkeiten, die einem im täglichen Umgang auffallen und wo ich dann genauer nachforsche. Ich kann jetzt schlecht eine Prozentzahl sagen, zu wieviel Prozent meine Gesundheitskontrolle über optische Kontrolle und kleinste Veränderungen im Verhalten geht, aber ich nehme sie nicht ständig in die Hand und taste sie durch. Eben um Stress durch anfassen zu minimieren, werden die Hawis/Wilden nur alle 3-4 Wochen gewogen (die Farbis wöchentlich).

    Beim TA halte immer ich selbst meine Ratten fest bei der Untersuchung: Ich weiß schließlich am besten, wie sie reagieren, ob eine scheue Ratte vermutlich eher vorwärts oder rückwärts aus der Hand entkommen wollen würde usw. Außerdem ist man, nach meinen Erfahrungen, noch immer das Vertrauteste in der unbekannten TA-Umgebung und der scheuen Ratte noch das geringste Übel.

    Bei Raumhaltung bin ich mittlerweile skeptisch.

    Ich habe - gerade bei scheuen Ratten - immer wieder erlebt, dass der Dom/Käfig ihre sichere Zuflucht ist. Zu 95% kann ich mich darauf verlassen, dass eine scheue Ratte, wenn sie die Möglichkeit hat, dorthin flüchtet.

    Und gerade für scheue Ratten würde es in einer Jagd enden, wenn man sie in einem Raum einfangen will. Im Dom laufen meine Hawis/Wilden höchstens in nächste Häuschen und sehr oft bleiben sie sitzen, wenn man sich ihnen mit ruhiger Hand nähert und sie ganz behutsam anfasst, was natürlich die stressfreiste Lösung ist.

    Eine scheue Ratte, die zumindest zeitweise im Käfig lebt, kann ich viel leichter auf Verhaltensauffälligkeiten/Krankheitszeichen hin beobachten als eine, die sich irgendwo in einem großen Raum versteckt.

    Daneben gibt es Erzählungen von der Bildung von Unter-Rudeln in größeren Räumen und Territorialansprüchen mit Streit. Darum wäre mir das dauerhaft zu heikel. Wenn möglich wäre natürlich ein kompletter Raum als Auslauf sehr schön, der dann für mehrere Stunden am Tag genutzt werden kann. Aber eben nicht dauerhaft.

    Es ist also schon auch durch genaue Beobachtung der Ratten ziemlich viel möglich.

    Grenzen gibt es natürlich trotzdem: Wenn z. B. eine Ratte so scheu ist, dass sie freiwillig nichts von Menschen annimmt und daher eine Medikamentengabe auf freiwilliger Basis nicht möglich ist. Dann geht nur "direkt ins Maul" und wenn selbst da z. B. das Schlucken verweigert wird, dann ist man leider je nach Medikament schnell an der Grenze, wenn es keine Alternative per Injektion, Depot-AB oder ähnliches gibt.

    Das ist für mich immer der Punkt, den ich versuche nicht zu "unterschreiten": Es muss sich keiner anfassen lassen wollen (das kriegen wir notfalls auch mit Handschuhen hin), es muss mich keiner mögen oder freiwillig zu mir herkommen, aber auf orale Medikamentengabe versuche ich immer hinzuarbeiten. Aktuell habe ich da meinen Henri, der absolut nichts von mir annimmt. :( Ihn müsste ich einzeln setzen und hoffen, dass er die Medis frisst - und einzeln setzen ist auch wieder enormer Stress.

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