Hallo
Ich hab ja grad wieder Ratten von draußen eingefangen und zufällig auch vor Kurzem mal wieder ein paar unbelehrbare treffen müssen, die ihre Ratten grundsätzlich auf der Schulter rumschleppen und die Tiere kurz nehmen und anschauen können. Bei beiden fiel mir wieder etwas auf, was ich schon bei vielen Tieren erlebt habe und wo ich so allmälich ein "System" dahinter sehe... vielleicht können ja noch welche diese Erfahrung teilen?
Es geht hier also um Ratten, die:
- längere Zeit draußen frei gelaufen sind und wieder eingefangen werden konnten
- von ihren Besitzern über längere Zeit draußen herumgeschleppt wurden und diesem Schicksal entrissen werden konnten
Alle diese Ratten waren im Handling ausgesprochen schlapp und wirkten schon (fast) resigniert. Die Schulterratten konnte man einfach nehmen und sie hingen nur schlaff in der Hand und rührten sich kaum. Sie saßen still herum auf der Schulter oder harrten der Dinge aus, die da kamen, beim Heruntersetzen liefen sie nicht weg, sondern blickten höchstens umher. Die Besitzer beteuern konsequent, dass doch zu sehen ist, wie ruhig und entspannt diese Tiere sind und dass man ihnen doch keine Angst ansehen kann, sie laufen nicht weg und beißen nicht.
Die Ratten, die längere Zeit draußen lebten waren erstaunlich angepasst und haben sich tolle Tunnelsysteme gegraben, die Jungs jetzt sind sogar durch den Bach geschwommen. Alle waren mitten am Tag unterwegs, wirkten neugierig und entspannt auf den ersten Blick, keine hat gebissen, alle ließen sich ohne jedes Beißen einfangen und erst einmal in der Hand waren sie absolut ruhig und bewegten sich kaum.
Alle diese Ratten wurden von mir in eine Box gesetzt, in der sie fast schlagartig in einen fast komatösen Schlaf fielen, so dass ich bei manchen nachprüfen musste, ob sie nicht tot sind. Während meine Ratten auf der Schulter unruhig hin und herlaufen und runterspringen wollen und in der Transportbox lange Zeit nach einem Ausweg schnüffeln und ständig "unruhig" wirken (Ratten halt), sind diese Ratten fast phlegmatisch und sitzen in der Box still da und schlafen sofort ein. Und das für die nächsten 1-2 Tage, die nur von kleinen Futteraufnahmen unterbrochen werden. Wenn sie dann wieder fit sind, sind sie erst einmal richtig scheu und kaum mehr wieder zu erkennen und man muss sie nochmal (?) ganz neu zähmen und an den Menschen gewöhnen.
Das hab ich bei Ratten, die in Wohnungen frei unterwegs waren erlebt, aber eben bei diesen ganz besonders extrem. Bei Ratten, die mit ihrem Käfig draußen auf der Terasse oder im Unterstand standen übrigens auch...
Die Erfahrung mit den zwei Jungs nun, die ziemlich unkompliziert unter einem Baum herausgegraben werden konnten (wenn man sie hatte erstmal war die Gegenwehr zumindest unkompliziert ), jetzt in einem ruhigen Käfig aber kaum mehr anfassbar sind, hat mich zu der Überzeugung kommen lassen: Diese armen Tiere mögen sehr ruhig und friedlich gewirkt haben, sahen gesund und gut angepasst aus und wirken erstaunlich zahm, aber das alles ist nur Resultat einer permanenten Reizüberflutung, der sie da draußen ausgesetzt sind. Vielleicht reagieren Farbratten auf diese Art und Weise darauf. Wohlfühlen können sie sich nicht, sonst würden sie nicht so ein extremes Schlafdefizit haben, das sie nachholen müssen, wenn sie endlich "Licht aus" haben und sich wenn sie die Wahl haben und sicherer fühlen, so viel anders verhalten. Das ist fatal, weil jeder Laie sieht, dass diese Tiere so ruhig sind und es als Zufriedenheit fehlinterpretiert.
Meine Ratten würden ihnen vergleichsweise unglücklich erscheinen, weil sie ständig am Umherhibbeln sind und besseres zu tun haben, als ständig auf meiner Schulter zu sitzen (manche mögen das, aber ich bin Weibchenhalter... naja ^^). Wenn sie sich nicht wehren sind sie glücklich.
Ich hatte aber vielfach das Gefühl, dass gerade die Schulterratten sich selbst aufgegeben haben und nur noch ein Schatten ihrer Selbst waren...
Teilt jemand solche Erfahrungen?
Was für Beobachtungen habt ihr mit Eingefangenen Tieren oder den "Draußen-Ratten" gemacht?
Vielleicht hilft sowas ja auch, die zu übverzeugen, die es immer doch nochmal ausprobieren wollen...
Die zwei Jungs noch am Einfangort:
Liebe Grüße
Judith